Die Mauer ist uns auf den Kopf gefallen! — Die Mauer ist überhaupt nicht einfach gefallen, wir haben die Mauer gestürzt! — Dann habt ihr sie eben uns auf den Kopf gestürzt, das macht’s auch nicht besser!

Integrare heißt Erneuern!
Projektentwicklung  •  Premiere 20. September 2012  •  Theater unterm Dach Berlin
Text  Reto Kamberger und Ensemble
Ensemble Anna Dieterich  •  Tobias Kaufhold  •  Marlies Ludwig  •  Ali Yigit
Regie Reto Kamberger  •  Ausstattung Ute Lindenbeck und Anna Buttler  •  Dramaturgie Ute Lindenbeck
Musikalische Einstudierung Bee Chang • Licht Kamil Rohde

Vier Figuren begegnen einander: eine Frau aus dem Osten, ein türkischer Migrant, eine nach Berlin zugezogene Schwäbin und ein junger Westberliner. Die Figuren erzählen Geschichten, und sie erzählen ihre Geschichte. Es geht um Überzeugungen und Kinder, um Austausch und Enttäuschungen – und um die Mauer.
Und immer geht es irgendwie um das Gefühl, dazu zu gehören oder nicht!

Schnitt Anna Ali Gross_DSC06744 Foto © Kamil Rohde

Pressestimmen

Was sich in der Inszenierung unter der Regie von Reto Kamberger unter textlicher Mitarbeit des Ensembles abspielt, daran kommt inhaltlich niemand im Zuschauervolk vorbei. Jeder könnte da mitreden. Jedem sind die hier angeführten Vorurteile bekannt, die den Alltag von Leuten aus Ost und West, Nord und Süd begleiten. Jeder könnte auf seine Weise auch seine Probleme mit der zwar schon über 20-jährigen und doch geschichtlich gesehen jungen Situation beklagen. Wir finden uns wieder. Gemütlich ist das nicht. Spröde deshalb auch das Bühnenbild samt der Mauer in Kleinformat.

Das Stück sucht künstlerisch nach einer Möglichkeit der Annäherung. Und siehe da, alle Zuschauer beteiligen sich daran. Mit der Aufgabe werden sie bereits vor Beginn des Stücks konfrontiert. Was da jeder für sich als bemerkenswert erachtet, wird im Stück letztlich eine Rolle spielen. Zu aller Überraschung sind dann Forderungen des Publikums eingereicht. Eine wunderbare Idee, selbst wenn man Theater an sich nachsagt, es könne nichts ändern. Vielleicht doch.   Neues Deutschland

Wem gehört Berlin? Diese Frage wird immer wieder ausgiebig in den Feuilletons diskutiert und offenbart nur die absurdesten Ressentiments gegen Touristen und den grassierenden lokalen Kiezstolz der ehemals Zugezogenen. Um das „Dazugehören“ geht es auch in dem Episodenstück Integrare heißt erneuern von Reto Kamberger, ebenfalls ein aus der Schweiz ausgewanderter Neuberliner, der aber als historischen Anfangspunkt das berühmteste Bauwerk der Hauptstadt wählt und plakative Figuren ins Rennen schickt. Eine Frau aus dem Osten, einen Westberliner, die obligatorische Schwäbin und einen Deutschtürken. Sie leben in der Stadt, auf der einen oder anderen Seite, und auch wenn die Mauer abgerissen wurde, liegen noch Bruchstücke in den Köpfen. Wie sie leben und wie oder ob die Mauer in den Köpfen klein geklopft werden kann, um einen Blick auf ein „Miteinander“ zu eröffnen, loten die vier unterschiedlichen Charaktere in packenden und auch wahnwitzigen Dialogen aus.   taz die Tageszeitung

Die Vorurteile, das Aneinandervorbeireden, auch Ignoranz werden an- aber nicht ausdiskutiert. Das Ganze hat Tempo, oft Witz, mitunter auch die Andeutung von Tiefe… Das ist nicht wenig, aber es hätte sich aus der Konstellation mehr machen lassen. So bleibt die Forderung nach gegenseitigem Respekt, Zuhören, nach einem Miteinander.  Das Blättchen

Es ist ein humorvolles und intelligentes Spiel mit Klischees und Vorurteilen. Jeder beschuldigt den anderen, Schuld an dem eigenen Dilemma zu haben. Und trotz allen Vorwürfen hat jeder ein lobendes Wort für den anderen. Die Deutschen singen türkische Volkslieder, der Türke singt “Kein schöner Land”.  Dabei nimmt sich das Stück selbst auf die Schippe und vollführt so einen genialen Bogenschlag, der am Ende die Zuschauer mit ihren eigenen Gedanken wieder in die Welt schickt.
So wie die Schauspieler ihre Rollen wechseln, um den eigenen Blick über den Tellerrand zu erweitern, so wird auch der Zuschauer in diese Wechsel einbezogen. Die Authentizität der erzählten Lebensgeschichten erzeugt eine Nähe, die die Grenze zwischen Publikum und Bühne verschwimmen lässt. Man erkennt sich wieder in jedem der vier Charaktere.
Mit verschiedenen gestalterischen Mitteln und wechselndem Tempo begeistert das Stück kurzweilig und hallt nachhaltig im Echo der eigenen Gedanken nach. Auf faszinierende Art und Weise schaffen es die vorgetragenen Klischees die eigenen in Frage zu stellen, so dass schließlich die Auflösung des Stücks im Grunde bei den Zuschauern selbst geschieht.
Ein kleines, aber sehr feines Stück, gespielt von engagierten Schauspielern, das nicht nur zu empfehlen ist, sondern eine Pflicht für alle ist, die sich frei von Vorurteilen betrachten.  kaipiranha.de

Reto Kamberger inszeniert die Ensembleproduktion: Integrare heisst Erneuern, ueber Vorurteile und Identitaet in der Grossstadt. Theater unterm Dach, 20. September 2012.Foto © David Baltzer (bildbuehne.de)

Gefördert vom Bezirksamt Pankow von Berlin (Amt für Weiterbildung und Kultur, Fachbereich Kunst und Kultur), von der Heinz und Heide Dürr Stiftung sowie der Ilse und Dr. Horst Rusch Stiftung

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